Unterschiedliche Voraussetzungen
Gerade bei diesem Thema ist es wichtig zu unterscheiden:
Handelt es sich um einen Hund, der einfach einen entspannten Umgang mit der Körperpflege und der tierärztlichen Behandlung lernen soll, weil er es noch nicht gewöhnt ist? Hier kannst du selbst ganz viel im Vorfeld üben und aufbauen.
Oder hast du einen Hund, der vielleicht ein Problem mit Berührungen generell oder speziell durch Fremde hat? Oder der beim Tierarztbesuch bereits negative Erfahrungen sammeln musste? In diesem Fall sollte bitte ein Profi zu Rate gezogen werden, der euch begleitet. Denn hier ist kleinschrittiges Arbeiten gefragt und ein sehr gutes Timing unerlässlich.
Pflege Zuhause
Was sollte dein Hund im Zusammenleben mit dir entspannt können?
In der Regel sind es Dinge wie Abputzen und Pflege der Pfoten, Bürsten, Baden, die Behandlung mit Ohren– oder Augentropfen, die Gabe von Medikamenten, Krallenkürzen, Zahnpflege und natürlich Zeckenentfernung.
Hier solltest du immer ein entspanntes Ambiente schaffen, auf deine ruhige Atmung und langsame Bewegungen achten.
Dein Hund sollte immer sehr genau wissen, welcher Schritt als nächstes erfolgt.
Du kannst zum Beispiel ein sehr klares Setting schaffen, indem du immer eine bestimmte Decke ausbreitest, auf der Körperpflege vorgenommen wird. So kann dein Hund gut einschätzen, was auf ihn zukommt.
Sobald dein Hund die Decke verlässt, bekommt er eine Pause und wird bitte nicht wieder auf die Decke gelockt. Du wartest, bis er von sich aus wieder kooperativ ist.
Kooperation
Im Training setzen wir gezielt auf die Kooperation und akzeptieren auch ein „Nein“ unserer Hunde, um sie nicht zu überfordern.
Für die Kooperation deines Hundes ist es sehr wichtig, dass du Handlung ankündigst und er genau weiß bzw. lernen darf, was ihn erwartet.
Diese Ankündigung kann über das Setting (die oben genannte Decke) geschehen, du kannst deine Handlungen stimmlich oder auch durch Gesten ankündigen (Bürste stupsen lassen vor dem Bürsten). Natürlich kannst du diese Varianten auch mischen.
Wichtig ist es, immer auch auf deinen Hund zu achten. Kann er die Handlungen wirklich entspannt über sich ergehen lassen? Hierfür solltest du die Körpersprache deines Hunden gut kennen und verstehen. Falls du dir unsicher bist, hole dir bitte professionelle Unterstützung!
Pflege im Hundesalon
Wenn du für die Pflege deines Hundes professionelle Unterstützung benötigst, ist es wichtig zu überlegen, ob es für euch besser ist, in eine fremde Umgebung zu fahren, oder eine Fachkraft zu engagieren, die Hausbesuche macht.
Da ein fremder Mensch deinen Hund behandelt und nicht du als seine Vertrauensperson, ist es unerlässlich darauf zu achten, dass die beiden sich mögen.
Hier macht es Sinn, ein gutes Kooperationssignal aufzubauen, dazu kommen wir später noch.
Für die Besuche sollte dein Hund ruhiges Stehen lernen und je nachdem Baden, Bürsten, Schneiden, Föhnen. Hundefriseur*innen übernehmen auf Wunsch auch das Krallenkürzen.
Besuch in der Tierarztpraxis
Auch hier ist dein Hund der Handhabung durch Dritte ausgesetzt und du solltest auf einen wertschätzenden und freundlichen Umgang mit deinem Hund achten – das ist leider nach wie vor noch nicht selbstverständlich!
Es gibt im Übrigen auch mobile Tierärzt*innen, falls dein Hund bereits Stress im Wartezimmer, mit anderen Hunden/Menschen oder in fremden Umgebungen hat.
Bei vollen Wartezimmern kannst du deinen Hund allein am Empfang anmelden und dann mit ihm im Auto oder draußen warten und dich anrufen lassen, sobald ihr dran seid.
Für entspannte Tierarztbesuche sollte dein Hund verschiedene Positionen (Stehen, Seitenlage, evtl. Rückenlage) ruhig halten können sowie die Kontrolle der Augen, Ohren und Pfoten kennen. Fiebermessen kannst du gut vorbereiten und situativ auch selber in der Praxis durchführen.
Spritzen bekommen ist bedauerlicherweise auch ein unerlässliches Thema.
Und ganz wichtig ist, dass du deinem Hund beibringst, entspannt einen Maulkorb zu tragen! Wenn dein Hund, was wir natürlich nie wünschen, mal wirklich schwer verletzt ist und große Schmerzen hat, kann er anfangen, wild um sich zu beißen. Hier ist die Eigen- und Fremdsicherung unerlässlich. Wenn dein Hund dann den Maulkorb bereits vorab entspannt kennengelernt hat, ist das ein großer Segen, weil der Maulkorb sonst in einer bereits sehr stressigen Situation einen zusätzlichen Stressor darstellt.
Das Kooperationssignal
Ein Kooperationssignal informiert deinen Hund darüber, was gleich erfolgt, es zeigt aber umgekehrt auch dir an, ob dein Hund noch kooperativ ist.
Für zu Hause kannst du wie oben beschrieben eine Decke als Kooperationssignal nutzen. So weiß dein Hund, dass Körperpflege ansteht, wenn er zu dir auf die Decke kommt. Er gibt also seine Einwilligung in die Behandlung. Wenn er die Decke verlässt, bekommst du die klare Information, dass dein Hund eine Pause braucht.
Für den Tierarztbesuch oder den Besuch im Hundesalon kannst du zum Beispiel ein sogenanntes Kinntarget aufbauen. Hier lernt dein Hund sein Kinn während der Behandlung in deine Hand zu legen. Sobald er sein Kinn aus der Hand nimmt, würde die Behandlung pausieren.
Es ist beim Medical Training absolut wichtig, dass dein Hund auch selbstwirksam „Nein“ sagen darf durch Beenden des Kooperationssignals. Das gibt ihm Selbstvertrauen und Sicherheit durch Vertrauen, die Situation mitbestimmen zu können. So wird auch der skeptische Hund nach und nach kooperativer.
Unterschied Training & Alltag
Wenn dein Hund sich jetzt zum Beispiel auf dem Spaziergang die Pfote verletzt und ihr noch kein Medical Training gemacht habt, kann es natürlich sein, dass er in der Tierarztpraxis fixiert werden muss, um eine Behandlung durchführen zu können.
Falls du dir das zutraust und genügend Ruhe ausstrahlen kannst (ruhige Atmung, sanfte Stimme), würde ich immer empfehlen, dass du als Vertrauensperson vorne am Hund bist. Hier darfst du gerne auch mit einer kompletten Tube Leberwurst bestechen, um die Situation für deinen Hund irgendwie erträglich zu machen.
Falls du aber nervlich nicht in der Lage bist, lass eine ausgebildete Fachkraft das übernehmen. Nimm dich eher zurück, achte darauf, deine eigene Aufregung wieder herunterzufahren.
Die Situation ist nicht ideal, aber manchmal kommt das Leben dazwischen.
Spätestens ab dann solltest du mit einem guten Medical Training starten. Der kleinschrittige Aufbau hilft nicht nur deinem Hund, sondern auch dir zukünftig in ähnlichen Situationen mehr Ruhe zu bewahren.
Denk immer daran, dass es gerade die schwierigen Situationen sind, die deinem Hund und dir die Chance geben, noch enger zusammenzuwachsen, wenn ihr sie zusammen gut und entspannt meistert!